Im Dienst der Sicherheit

Sie sorgen an der Partymeile für Sicherheit und Ordnung. Türsteher wie Nico Heiniger stellen sich jeden Abend neuen Herausforderungen. 

Eine Reportage von Fabio und Simon

Das Bierhübeli von draussen um 23:30

Der Himmel wird allmählich dunkel über Bern. Die Neubrückstrasse vor dem Bierhübeli ist noch leer. Man ahnt nicht, dass später ca. 900 Menschen Party machen werden. Es ist 21:30 Uhr an einem Samstagabend. Türöffnung ist angesagt um 22:00 Uhr. Im Bierhübeli spricht sich der Teamleiter des Sicherheitsteams gerade mit dem Veranstalter ab. Er bekommt Instruktionen, wie sein Team heute Abend vorgehen soll und was geplant ist. Später gibt er bei der Teambesprechung die Instruktionen an sein Team weiter. Um 21:45 Uhr macht ein Teil des Teams den Eingangsbereich bereit. Sie stellen die Lichter auf und bereiten den Bereich zum Anstehen vor. Um 22:00 Uhr gehen zwei von ihnen um den Hausblock herum, um alles abzusichern und zu kontrollieren. 

Auf das Kommando des Veranstalters werden die Türen etwas verspätet um 22:10 Uhr geöffnet. Der Andrang hält sich noch in Grenzen. Nur eine Gruppe von 17-Jährigen geht kurz rein, um sich ihren Stempel zu holen, damit sie später nicht anstehen müssen. Diese gehen aber auch direkt wieder. Die meisten kommen erst in ein bis zwei Stunden. An der Türe erledigt der Türsteher die Alterskontrolle und kontrolliert Handtaschen. Bei nobleren Clubs müsste er je nach Instruktionen des Veranstalters auch eine Sichtkontrolle erledigen, damit nicht jeder in Jogginghose daherkommt, und er müsste auf ein ungefähr ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen achten. Ziel ist es dort meist, dass das Verhältnis etwa eins zu eins ist. Falls jemand stark alkoholisiert wäre oder unter Drogen stehen würde, würde er sofort abgewiesen werden.  

«Am anstrengendsten sind die Betrunkenen, sie sind oft wie kleine Kinder.»  
Nico Heiniger, Sicherheitsangestellter 
Etwa 15 Leute versuchen um 00:11 Uhr die Bühne zu stürmen

Um etwa 23:30 Uhr kommen die meisten. Die Schlange vor der Türe reicht fast bis um die Ecke des Blocks. Die Türsteher sind jetzt voll beschäftigt mit Ausweiskontrolle und Ticketkontrolle. Die Sicherheitsangestellten, welche sich im Club befinden, schauen dass es zu keiner Eskalation kommt und könnten allenfalls Verstärkung rufen. Kurz nach Mitternacht versuchen um die 15 Leute auf die Bühne zu stürmen. Das Sicherheitsteam ist aber schnell da und fordert sie auf, die Bühne zu verlassen. Stark Alkoholisierte, welche die Gänge verschmutzen, werden nach Hause geschickt.  

Nico Heiniger arbeitet seit 8 Jahren in der Sicherheitsbranche und steht an der Türe verschiedener Clubs. Er sagt klar: “Am anstrengendsten sind die Betrunkenen, sie sind oft wie kleine Kinder”. Oftmals müsse man ihnen mehrmals das Gleiche sagen, ohne dass es sie interessiere. Da kann es auch dazu kommen, dass man sie hinaustragen muss. Auf viele Situationen können sich Türsteher wie Nico Heiniger nicht explizit vorbereiten. Die Ausbildung und das Training sind in solchen Fällen am wichtigsten.  Auch Bedrohungen durch Messer nehmen vermehrt zu, erzählt uns Nico Heiniger. In diesem Jahr sei es schon fünfmal vorgekommen, dass jemand sein Messer gezogen hat. Auf die Frage, ob das Verhalten gegenüber dem Sicherheitsdienst aggressiver geworden sei, antwortet er: “Ich würde nicht sagen aggressiver, heute ist schneller ein Messer gezogen, weil jeder ein Messer dabeihat. Früher haben sie sich die Köpfe eingeschlagen. Wenn einer am Boden lag, war auch mal genug. In letzter Zeit wird auch noch mit den Füssen nachgetreten. Heute kann einer schon mal das Messer ziehen. Insofern ist es gewalttätiger geworden”. Zu einem Angriff kommt es aber selten. Die Situation kann meist mit Worten und gutem Eindruck bewältigt werden. In der Zeit, in der man mit der Person diskutiert, hat man schon Verstärkung gerufen, so dass es zu keiner Eskalation kommen kann. Nico Heiniger vermutet, dass die Corona Zeit einen Einfluss auf das gestiegene Gewaltpotenzial hat. “Die Leute konnten für eine lange Zeit nicht mehr in den Ausgang gehen und hatten von dem her ein bisschen einen Knacks.”  

Nach Mitternacht wird die Situation an der Türe ruhiger. Die meisten Personen sind drinnen und nur wenige müssen noch kontrolliert werden. Die Arbeit ist aber noch nicht zu Ende. Die Türsteher müssen auf Abruf bereit sein, falls ein Kollege drinnen Unterstützung braucht.  

Private Sicherheitsbranche im Überblick 

Die meisten, die den Beruf als Türsteher ausführen, sind auch in anderen Bereichen der privaten Sicherheitsbranche tätig, zum Beispiel im Personenschutz oder im Bewachungsdienst. Die private Sicherheitsbranche unterstützt staatliche Institutionen und ihr Aufgabenfeld ist hauptsächlich die Bewachung und Sicherstellung privater Areale oder Personen.   Mit 20‘000 Mitarbeitern hat die private Sicherheitsbranche in der Schweiz 2‘000 Mitarbeiter mehr als die Staatliche. Der VSSU ist der Verband für schweizerische Sicherheitsdienstleistungsunternehmungen. Er reglementiert diese Branche und setzt sich für Berufsprüfungen und eine korrekte Ausbildung ein. Beim VSSU macht man die eidgenössische Berufsprüfung, welche zum Fachausweis führt. Dieser ist zwar in der Schweiz nicht obligatorisch. Er gibt aber dem Kunden eine zusätzliche Garantie für einen gewissen Qualitätsstandard. Somit liegt es auch im Interesse des Sicherheitsunternehmen, ihre Angestellten damit auszubilden. 

Ausbildung und Weiterbildung 

Der Ausbildungsraum des Sicherheitsunternehmens von Nico Heiniger

Wichtig für uns ist die Frage nach der Ausbildung und den Weiterbildungen. Nico Heiniger erklärt uns. Man könne einen Grundkurs machen, welcher 20 Stunden dauert. Den muss man in den ersten 3 Monaten der Anstellung besucht haben, sonst kann das Sicherheitsunternehmen den Mitarbeiter nicht weitervermitteln. Im Grundkurs lernt man funken, Erste Hilfe holen, Brandverhütung und Brandschutz sowie die wichtigsten Notfallnummern. Alle anderen Weiterbildungskurse sind freiwillig und werden vom Verband VSSU und vielen Sicherheitsfirmen empfohlen.  

Die meisten Sicherheitsunternehmen bieten den Grundkurs selbst an. Leute von kleineren Sicherheitsfirmen können auch extern die Ausbildung machen. Dann fordert das grosse Sicherheitsunternehmen, welches den Kurs anbietet, bei der kleinen Firma das Leitbild an, damit die Ausbilder wissen, welche Werte die Firma repräsentieren. Nico Heiniger ist der Meinung, dass eine Ausbildung wichtig sei und so gut wie nie schaden würde. Er selbst ist für Verschärfungen in den Ausbildungsauflagen, damit es weniger unseriöse Angebote gebe, welche den Markt zerstörten. 

Beim Personenschutz sieht die Ausbildung zum Teil anders aus. Oft sind Personenschützer Leute, die vorher im Militär oder bei der Polizei tätig waren. In den Firmen werden verschiedene Tests durchgeführt. Geeignete und erfahrene Leute für den Personenschutz werden durch die Ergebnisse erkannt und weiter ausgebildet. Auch das Ausland bietet die Möglichkeit an, solch private Ausbildungen zu absolvieren. Der Fachausweis zum Personenschützer in der Schweiz ist eine zusätzliche Garantie für den Kunden, ist aber nicht obligatorisch. Je nach Land braucht es spezielle Lizenzen, damit man als Personenschützer arbeiten kann. Weltweit variieren die Auflagen aber. 

«99 Prozent macht die Prävention aus.»  
Adrienne Suvada, Präsidentin Ausbildungskommission VSSU
  

Der Personenschutz 

Adrienne Suvada ist die Präsidentin der Ausbildungskommission des VSSU und nimmt sich die Zeit, mit uns über die Ausbildung und die Ausführung des Personenschutzes zu sprechen. Von ihr erfahren wir, dass sie vor der Anstellung als Präsidentin der Ausbildungskommission selbst eine Ausbildung zum Personenschutz gemacht und in der Sicherheitsbranche gearbeitet hat.  

Funkgerät damit das Team sich untereinander verständigen kann

Sie erklärt uns, dass es keinen typischen Alltag im Personenschutz gebe. Je nachdem steht man sechs Stunden vor einer Tür und schaut, dass niemand hinein geht. Es kann aber auch vorkommen, dass man seine Schutzperson auf Reisen begleiten muss. Wichtig sei dann, dass man flexibel bleibe. Die Schutzperson kann schnell ihren Plan für den Tag ändern und dann muss man sich anpassen können. Wie lange so eine Ausbildung geht, sei nicht so einfach zu sagen, denn so etwas wie eine Lehre oder einen zertifizierten Kurs gebe es nicht, um Personenschützer zu werden, sagt Adrienne Suvada uns. “In der Schweiz bilden grössere und auch kleinere Sicherheitsfirmen intern die Leute aus.“ Die Schwerpunkte bei solchen Ausbildungen liegen aber nicht, wie man es sich vielleicht vorstellt, beim Kämpfen oder Herumschiessen, sondern es geht viel um Theorie und Taktik. Adrienne Suvada erklärt uns: „99 Prozent macht die Prävention aus.“ Also das Training zur Vorbereitung und Vorplanung spezieller Situationen. Allgemein erfordert der Beruf als Personenschützer viel Planungsvermögen und Intelligenz. Reine Muskelmasse helfe nicht viel. Falls die Schutzperson angegriffen werden sollte, ist das Ziel des Personenschützers, die Schutzperson in Sicherheit zu bringen und nicht wie die Polizei den Angreifer zu stellen. Adrienne Suvada ist überzeugt: „Der beste Personenschützer ist der, der in keine heikle Situation kommt.“ Das bedeute Prävention. Wenn man mit seiner Person in eine Kampfsituation komme, müsse schon vorher etwas schiefgelaufen sein.  

Ab etwa 02:30 Uhr gehen allmählich die ersten Leute nach Hause. Die Menschenmasse auf der Tanzfläche wird ab jetzt immer wie kleiner. Um 04:00 Uhr ist die Tanzfläche dann komplett leer. Der DJ spielt keine Musik mehr und die Angestellten im Bierhübeli reinigen die Tanzfläche. Auf der Neubrückstrasse befindet sich bis auf die Türsteher niemand mehr. Diese kehre noch den Dreck weg und sammeln die leeren Bierflaschen ein. Danach ist auch für sie Schichtende.  

Frauenquote im Sicherheitsdienst
Uns interessiert, ob auch Frauen den Beruf 
des Türstehers ausüben. Nico Heiniger meint, dass
bei ihnen in der Firma von insgesamt 25 Mitarbeitern
 sechs Frauen angestellt sind.  Doch er ist auch 
der Meinung, dass es schwer sei, gute Frauen zu finden.
Auf die Frage, ob Besucher vor Frauen weniger 
Respekt hätten, sagt er, dass es immer gut sei, 
mit einer Frau auf einer Ordnungsdienst-Patrouille 
zu arbeiten. Man gebe dem Gast damit 2 Optionen: 
Entweder hört er auf die Frau, das heisst er muss 
über seinem Stolz stehen und nachgeben oder er 
verliert den Respekt und gibt den Türstehern erst 
recht einen Grund ihn nach draussen zu befördern. 
Auch Adrienne Suvada kann uns darüber Auskunft geben. 
Sie kennt keine Statistik zur Verteilung zwischen 
Männern und Frauen. Tendenziell gebe es aber mehr Männer, 
weil der Beruf doch speziell sei. Sie weiss aber, dass Frauen, 
welche Personenschutz benötigen, oft nach Personenschützerinnen 
fragen, da dies in der Öffentlichkeit weniger auffallen würde. 
Frauen hätten zu Frauen oft mehr Vertrauen. Nico Heiniger 
bestätigt diese Aussage, und meint aber, es gebe weniger Frauen, 
welche im Personenschutz arbeiten wollen, da die Arbeit 
im Personenschutz besondere Risiken beinhalte. 
Eine bestimmte Kundschaft bevorzuge Frauen, weil sie
einfach weniger auffällig seien und man diese Arbeit 
von einer Frau weniger erwarten würde.
Obwohl es keine Statistiken gibt, lässt sich vermuten, 
dass die Frauenquote hier noch niedriger ist als bei 
der Polizei. Bei dieser wächst die Quote in den letzten 
Jahren stetig an und ist im Kanton Bern zurzeit bei etwa 24%.
Ein Auszug aus dem Interview mit Nico Heiniger
Ein Auszug aus dem Interview mit Nico Heiniger
Was gefällt Ihnen an diesem Beruf besonders?
Das Beste ist ganz klar die Abwechslung, die 
er mit sich bringt. Ich arbeite jeden Tag an 
einem anderen Ort, muss die Arbeit planen
und kann Events besuchen. Es ist sehr
abwechslungsreich. 
Wie wichtig ist die Kommunikation mit 
Gästen in ihrem Beruf? 
Die Kommunikation ist heute so ziemlich 
das Wichtigste in unserem Beruf. 80 %  der 
Konflikte kann man durch Reden lösen, wenn 
man psychologisch ein bisschen geschult und 
nicht grad auf den Kopf gefallen ist. 
 
Wie schaffen Sie es gleichzeitig durchsetzungsfähig 
und freundlich zu sein? 
Ein autoritäres Auftreten ist wichtig. 
Du musst wissen, was du machst, was du machen darfst
 und wie weit du gehen kannst. Der Rest sind nur noch
 psychologische Spiele. Es muss immer verhältnismässig
 sein, wie das Gesetz so schön sagt.

Welche Rolle spielt der Türsteher für den Club? 
Wie wichtig ist er für die Atmosphäre? 
Ich kann Ihnen da von einem aktuellen Beispiel erzählen. 
Da waren wir bei einem Club angestellt und hatten ein 
Superverhältnis mit den Kunden. Die Gäste fragten auch 
schon nach uns, als wir nicht da waren. 
Gut ausgebildete Leute an der Tür sind sympathisch, 
freundlich, offen, aber dennoch strikt. 
Das ist das A und O für einen Club, weil die Gäste 
dann gerne kommen. Die Leute merken es, wenn der Türsteher
 die Arbeit nicht gerne macht. 

Wenn Sie etwas könnten, was würden Sie ändern? 
Ich würde die Ausbildungsauflagen für die Mitarbeiter erhöhen.
Gute Deutschkenntnisse müssen auf jeden Fall vorhanden sein. 
Den Sicherheitsfachmann (eidg. Prüfung) muss man 
in 2 Dienstjahren gemacht haben, damit der 
Ausbildungsstand höher wird. Es gibt zu viele kleine Firmen, 
die den Markt kaputt machen.